«Staat zuvorderst in der Pflicht»
«Nicht alles im Leben ist planbar und man kann auch unverschuldet in eine Altersarmut abrutschen. Die private Altersvorsorge ist zweifellos wichtig. Doch gerade Menschen, die eine 3. Säule dringend benötigen würden, haben eben oft nicht die Mittel, um eine solche aufzubauen», erklärte Violanda Lanter in ihrem Votum. Die Tatsache, dass sich die Quote der Ergänzungsleistungsbezüger seit vielen Jahren nicht erhöhte, kam für sie nicht überraschend. Sie stellte nämlich fest, dass die Ergänzungsleistungs-Quote sich aufgrund der Systematik bei der Berechnung gar nicht verändern könne.
Die VU-Abgeordnete sieht beim Thema Altersarmut auch die Exekutive in der Pflicht: «Ich fordere die Regierung auf, zusätzliche Anreize für das private Vorsorgen zu schaffen. Zum Beispiel in Form von zusätzlichen Steuerabzugsmöglichkeiten. Und last but not least ist das Thema Aufklärung und Sensibilisierung in Bezug auf die Altersvorsorge eine Daueraufgabe, bei der ich den Staat zuvorderst in der Pflicht sehe.»
Neuer Armutsbericht gefordert
Die Regierung verweist auf eine gleichbleibende Quote bei Wirtschaftlicher Sozialhilfe bzw. Ergänzugsleistungen hin. «Relativ arm ist nicht nur der, der von Ergänzungsleistungen und Wirtschaftlicher Sozialhilfe lebt. Vielfach haben es jene schwieriger, die eben knapp nicht anspruchsberechtigt sind. Es gibt sicher auch einzelne Fälle, die sich aus Stolz nicht auf den Weg zum Amt für Soziale Dienste machen, weil sie dem Staat nicht auf der Tasche liegen wollen», erklärte Fraktionssprecher Günter Vogt. Er forderte in seinem Votum die Erstellung eines dritten Armutsberichtes – zehn Jahre nach dem zweiten –, um anhand fundierter Zahlen Vergleichbarkeit zu schaffen.
In der Begründung, warum die Regierung keinen Armutsbericht im Sinn hat, werde auch ausgeführt, was statt einem Armutsbericht alles gemacht werden könnte! «Herr Gesellschaftsminister. Lassen Sie doch die Konjunktive hätte, könnte und würde weg! Machen Sie es einfach! Wir sind auf fundierte Zahlen angewiesen», erklärt der VU-Fraktionssprecher. «Wenn diese Zahlen objektiv belegen, dass es allen im Land blendend geht – dann lasse ich mich davon überzeugen. Solange ich aber keine verlässlichen und vergleichbaren Zahlen habe, bleibe ich skeptisch.»
Keine Wahrsagerei notwendig
Auch andere Abgeordnete verwiesen auf die Tatsache, dass die Statistiken in der Beantwortung die Realität nur ungenügend wiedergeben. «Wir brauchen Zahlen, Daten und Fakten, sonst werden Entscheidungen im Blindflug getroffen», erklärte Mario Wohlwend. Es sei keine Schande, die Zukunft nicht voraussehen zu können, sich aber den Fakten zu verschliessen sei auch keine Lösung.
Regierungsrat Mauro Pedrazzini verteidigt die Untätigkeit in diesem Bereich mit verschiedenen Verweisen: Einerseits hätten in letzter Zeit weder die Teuerung noch die Krankenkassenprämien zugenommen, andererseits habe man die unbezahlte Care-Arbeit mit dem Betreuungs- und Pflegegeld zu bezahlter Care-Arbeit umgewandelt – zumindest teilweise. Stattdessen erklärte Pedrazzini, dass die Instrumente (Pensionskassenobligatorium) ausreichen. Er verweist auf eine gewisse Unbedarftheit in Sachen Altersvorsorge aufgrund des ausgebauten Sozialstaates, die bekämpft werden müsse. (mw)