Schwierig aber notwendig
von Michael Winkler, Parteisekretär
Die Amtsenthebung von Aurelia Frick löste bei einigen Menschen Empörung aus. In den sozialen Netzwerken und in Leserbriefspalten tun sie ihren Unmut über die Entscheidung des Landtags und des Fürstenhauses kund. Die Landtagsabgeordneten begründeten ihre Entscheidung gut. Für jene, welche diese Entscheidung nicht verstehen, inklusive Aurelia Frick, zählen die Argumente nicht. Alle 21 Volksvertreter, welche der Regierungsrätin das Misstrauen aussprachen – darunter zwei Frauen – sind für sie die Bösen, während Aurelia Frick unumstritten die Gute sein soll. So war es im «Volksblatt» zum Beispiel die «GPK-Affäre», während praktisch alle anderen den Begriff «Berater-Affäre» vorzogen.
Auch wenn es von den Anhängern von Aurelia Frick anders dargestellt wird: Eine Abberufung eines Regierungsmitglieds ist weder eine einfache Entscheidung noch war es eine ausgemachte Sache. Es wurde stunden- und tagelang in den Fraktionen und Parteien beraten, wie mit diesen Fakten, welche die GPK zutage förderte, umzugehen ist. Und tatsächlich hatte die Regierungsrätin eine faire Chance: Wäre sie von Anfang an gegenüber der GPK offen und ehrlich gewesen, hätte diese Sitzung nicht sein müssen. Schliesslich ist die GPK nicht nur in den Gesetzen, sondern auch in der Verfassung (Art. 63) tief verankert. Einige Abgeordnete belegten anhand der Fakten allerdings, dass die Regierungsrätin mehrfach nicht die Wahrheit sagte. Das zählte für jene, die im ganzen Verfahren nur eine Verschwörung sahen, nichts. Für sie blieben keine Fragen offen, weil sie selbst keine Fragen an Frau Frick hatten.
Gewissenhafte Entscheidung
Das Parlament ist vom Volk gewählt und diesem verpflichtet. Ein Misstrauensvotum gegen den Landtag und die GPK, wie es in den Leserbriefspalten geäussert wurde, ist ein Misstrauensvotum gegen die Bevölkerung selbst. In einer Demokratie fällt der Gesetzgeber nicht immer jene Entscheidungen, die man gerne hätte. Die Wut derer, welche die Ministerin bewundern, ist aber verständlich.
Das Votum von Helen Konzett von der Freien Liste, die andeutete, dass bei der FBP nicht alles in Butter ist und hier interne Rechnungen beglichen wurden, sprach wohl Wahrheiten an. Unter diesem Eindruck ist auch die Tatsache spannend, dass sich der Regierungschef öffentlich nie für die Verdienste der dienstälteren Regierungsrätin bedankt hat. Einen Dank hat sie verdient! Die Absetzung der Regierungsrätin selbst ist am Ende aber auf ihr Fehlverhalten – und auch das ihres Generalsekretärs – zurückzuführen: Dokumente vernichten, der GPK vorenthalten und die Finanzkontrolle unter Druck setzen: So ein Verhalten fordert drastische Konsequenzen!
Die Summe war entscheidend
Am Ende gaben nicht die angesprochenen Einzelfälle den Ausschlag, sondern deren Summe der unentkräfteten Vorwürfe. Aurelia Frick erkannte wohl bis zum Ende nicht, was von ihr erwartet wurde. Dass sie im Radio und Fernsehen erklärte, dass ihr einziger Fehler war, dass die zeitlichen Distanzen bis zur Aushändigung der Detaillisten zu gross waren, zeigt auch, dass die Wahrnehmung getrübt ist. Die Ministerin sprach davon, unpräzise gewesen zu sein, während Abgeordnete feststellten, dass sie die Unwahrheit sagte. Sie und ihr Generalsekretär schwärzten Listen und versuchten damit, der GPK Informationen vorzuenthalten. Diese Punkte konnten nicht zur Befriedigung aller ausgeräumt werden. Viele Fragen blieben unbeantwortet und die Regierungsrätin wich zu oft aus. Vertrauen in die Ministerin war deshalb nicht mehr möglich, ihre Absetzung war die logische Folge.
Funktionierender Dualismus
Liechtenstein verliert eine gute Politikerin, die sich zu ihren ebenfalls guten Vorgängern wesentlich in ihrem schillernden Auftreten unterschied. Ausserdem förderte sie gezielt einzelne Frauennetzwerke und -organisationen, obwohl das der Job des Gesellschaftsministers wäre. Dass diese Organisationen jetzt trauern und ihrem Unmut Ausdruck verleihen, ist logisch. Die treue Gefolgschaft der Regierungsrätin, die sich in den Zeitungen auf Inseraten solidarisch zeigte, profitierte grösstenteils direkt von ihrem Wirken – ideell und teilweise auch finanziell. Wenn man den GPK-Bericht liest, kann man einige Unterstützernamen auf Rechnungen wiederfinden.
Neben der Volksvertretung brach aber auch der zweite Souverän den Stab über der Regierungsrätin. Dass einige, die nun laut und medial gegen die Absetzung von Aurelia Frick protestieren, wenig von der Verfassung und dem Dualismus halten, ist allgemein bekannt. Grosses Lob erwarten die Politiker in diesem Fall auch nicht. Denn für sie war das eine unangenehme Entscheidung. Doch sie war notwendig.
VU dachte gründlich nach
Aus Sicht der Vaterländischen Union wurde die Entscheidung sorgfältig überlegt getroffen. Das erkennt man nicht zuletzt daran, dass der Partei aus der Absetzung nicht der kleinste Vorteil entsteht. Bei der aktuellen Zerstrittenheit der FBP wären Neuwahlen wohl für die VU am vielversprechendsten. Doch die Stabilität des Landes geht der Partei in dieser Situation vor. Ein Vorteil entsteht aus personeller Sicht nur der FBP, die einen Jahre andauernden internen Krisenherd weniger hat. Die FBP kann jetzt eine neue Persönlichkeit für die Landtagswahlen 2021 aufbauen. Das Motiv der VU, der FBP diesbezüglich einen Gefallen zu tun, fehlt vollkommen, genauso das Motiv, vertrauliche Dokumente den Medien zuzuspielen. Aufgrund aller dieser Fakten wird das Abstimmungsverhalten der VU-Abgeordneten umso glaubwürdiger.
Wie Erbprinz Alois und Politologe Wilfried Marxer es ausdrückten: In anderen Ländern ist das Ersetzen von Ministerin nichts Ungewöhnliches. In Österreich sprach man kürzlich gar dem Bundeskanzler und der ganzen Regierung das Misstrauen aus. Bei uns ist das zum Glück nicht an der Tagesordnung. Trennungen sind nämlich für alle Beteiligten schmerzhaft. Gerade, wenn man über Jahre hinweg erfolgreich miteinander gearbeitet hat. Auch in der Politik.