Ein Versuch, das Kind mit dem Bade auszuschütten
von Peter Frick, Stv. Landtagsabgeordneter
Beim Studium der eingereichten Gesetzesinitiative zur Bestellung und Abberufung von Mitgliedern der strategischen Führungsebene in öffentlichen Unternehmen durch die Abgeordneten der Neuen Fraktion staunte ich nicht schlecht. Die vorgeschlagene Vorgehensweise löst bei mir erhebliche Bedenken – bis hin zu Bauchschmerzen – aus.
So zielt die Gesetzesinitiative im Artikel 4 darauf ab, dass Mitglieder der strategischen Führungsebene in öffentlichen Unternehmen in Zukunft wieder vom Landtag gewählt werden sollen. Begründet wird diese Initiative damit, dass mit der Einführung des ÖUSG (Öffentliche-Unternehmen-Steuerungs-Gesetz) im Jahr 2010 der Landtag seine diesbezüglichen Kompetenzen praktisch zur Gänze an die Regierung abgeben habe. Nun wird festgehalten, dass nun nach fast 10 Jahren Erfahrung mit dem ÖUSG keine durchgängige positive Bilanz gezogen werden könne. Der Regierung wird der Vorwurf gemacht, dass sie aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen Misswirtschaft nicht verhindern konnte.
Parteipolitische Schaubühne
Damit wird meines Erachtens ein Versuch unternommen, die Uhren zurückzudrehen. «Alle Macht dem Volk!» (oder besser: «den Volksvertretern!») mag zwar populär klingen. Daraus würden aber statt einem konkreten Nutzen für die Praxis vor allem unendliche Diskussionen resultieren, die primär von Parteipolitik überschatten wären. Die Unternehmen wären ständig den Launen von Politikern und Parteien ausgesetzt – vor, nach und zwischen Wahlkämpfen. Daraus resultiert wirtschaftliche Unsicherheit für die Betriebe und nicht zuletzt für deren Belegschaft.
Zur Erinnerung: Im Jahr 2010 wurde mit dem Corporate-Governance-Gesetz genau dasjenige Mittel gewählt, das als optimal erachtet wird, um Unternehmen einerseits ihre wirtschaftlichen Freiheiten zu lassen, andererseits die Interessen des Staates als Eigentümerin durch die Regierung mittels der Oberaufsicht wahrgenommen werden können. Der Landtag hat hier bewusst entschieden, dass die Kompetenzen bei der Regierung angesiedelt werden sollen. Hier sind die Ressourcen vorhanden, diese Aufgaben auch wirklich wahrzunehmen und die Regierung hat dafür auch die Verantwortung zu tragen. Mit Informationspflichten an den hohen Landtag werden die Abgeordneten laufend informiert – ob auf Nachfrage oder proaktiv. Unternehmerische Fehler passieren. Daran würde es auch nichts ändern, wenn plötzlich weitere 25 Leute in die Prozesse eingreifen wollten. Was sich ändern würde, wäre noch mehr parteipolitisches Geplänkel, wie man es heute schon anlässlich praktisch jeder Debatte zu den Geschäftsberichten der öffentlichen Unternehmen erlebt. Es macht zuweilen ganz den Anschein, dass möglichst versucht wird, aus parteipolitischen Motiven das zuständige Regierungsmitglied schlecht aussehen zu lassen. Auch wenn am Ende nichts dran ist: Irgendetwas wird dann schon hängen bleiben in der Bevölkerung – und vor allem am Ruf des jeweiligen Unternehmens.
Ineffiziente Strukturen schaffen?
Die Initianten wünschen sich im Artikel 8, dass in Zukunft die Regierung Mitglieder der strategischen Führungsebene nur noch mit der Zustimmung der Geschäftsprüfungskommission und des Landtags bestellen oder abberufen kann. Des Weiteren bräuchte es einen Landtagsbeschluss mit vorgängiger Beratung in der Geschäftsprüfungskommission des Landtags.
Es ist für mich nicht nachvollziehbar, wie sich der Landtag und die Geschäftsprüfungskommission in angemessener Weise mit der Bestellung und der Abberufung von Mitgliedern der strategischen Führungsebene beschäftigen sollen. Es kann nicht sein, dass sich das Milizparlament, das an seine Grenzen stösst, sich jetzt auch noch um Personalfragen kümmern soll. Es müsste sich ja auch die Geschäftsprüfungskommission mit den Personalfragen auseinandersetzen – meines Wissens nach alles Milizparlamentarier. Man stelle sich mal den zeitlichen Ablauf von so einem Bestellungs- und Abberufungsprozess vor: Plötzlich kümmert sich der Landtag direkt um strategische Ausrichtungen von öffentlichen Unternehmen. Plötzlich reden 25 Stimmen zusätzlich in einem solchen Prozess mit. Manche Abgeordnete glauben wohl von sich, dass sie selbst die besten Unternehmer sind und sich in jeder Sachfrage besser auskennen als alle Parlamentskollegen und die zuständigen in der Regierung. Aber ist das auch wirklich so?
Vertrauen in die Unternehmen
Glauben die Initianten ernsthaft daran, dass durch die Bestellung und Abberufung von Verwaltungsräten durch den Landtag und die Geschäftsprüfungskommission die Abläufe in einem öffentlichen Unternehmen wirtschaftlich gesehen anders oder besser werden? Unternehmen, öffentlich oder nicht, müssen sich strategisch ausrichten. Sie sind marktorientiert und müssen effizient handeln können. Ein Eingriff, sprich eine Bevormundung wie es die eingereichte Gesetzesinitiative vorsieht, ist ein zu starker Eingriff des Staates in die wirtschaftliche Freiheit der Unternehmen und geht mir zu weit. Die Handhabung, wie wir sie aktuell vorliegen haben, verlangt von uns alles Vertrauen in die öffentlichen Unternehmen und die handelnden Personen ab.
Interessanterweise kommt der Vorstoss von der Neuen Fraktion, die vor Kurzem noch Radio L privatisieren wollte. Und nun will man plötzlich Einfluss auf die personellen Besetzungen in den Verwaltungsräten? Es ist mir bewusst, dass wir Menschen im Lande haben, die am liebsten alles privatisieren möchten. Diese Ansicht kann man vertreten, aber ich bin der Auffassung, dass es viele Aufgaben gibt, bei denen sich der Staat nicht aus der Verantwortung stehlen sollte und Liechtenstein sich weiter bemühen muss, seine öffentlichen Unternehmen zu wahren, zu halten und Vertrauen den strategischen Führungsebenen entgegen zu bringen. Nicht zuletzt deshalb, weil sich wohl kaum mehr gute Leute finden lassen, wenn sich diese in ihrem unternehmerischen Tun den Launen einiger Politiker aussetzen und sich persönlich und öffentlich im Landtag verhandeln lassen müssen.
Verbesserungen wären möglich
Daher gibt es für mich ein klares Ja, zur aktuellen Ausrichtung der Bestellung und Abberufung von Mitgliedern der strategischen Führungsebene und ein klares Nein zur eingereichten Gesetzesinitiative, weil sie effektiv keine Verbesserung mit sich bringen, sondern die Zustände eher verschlimmern würde.
Es sei an dieser Stelle angemerkt: Über Verbesserungen, die Vorteile für die Praxis bringen, kann man mit mir gerne diskutieren. Beim Regierungschef liegt seit 5 Jahren eine Motion, welche darauf abzielt, die Durchgriffsrechte der Regierung auf die öffentlichen Unternehmen zu verbessern. Diese Motion wurde bis anhin noch nicht beantwortet. Hier ergeben sich dann vielleicht Punkte, bei denen man ansetzen kann, um hier wirklich etwas zu verbessern.