Casino-Ambivalenz im Landtag
Einige Abgeordnete wehrten sich entschieden gegen den VU-Vorstoss. «Wo kommen wir denn hin, wenn man das schlechte Geld der Casinos für einen guten Zweck verwendet?» lautete der Grundtenor der Kritiker. «VU-Motion hochkant verworfen: Geldspielabgabe für AHV, nein danke», skandiert die FBP-Zeitung online gewohnt tendenziös, überheblich und siegesgewiss.
Das lässt folgende Schlussfolgerung zu: Versickert das Geld der Zocker anonym im Steuertopf, ist das für die Gegner der VU-Motion halb so wild. Kommt es per Zweckbindung gezielt der AHV zugute, ist das schlecht. Doch Fakt ist: Dieses Geld wird also früher oder später zum Stopfen der Löcher gebraucht, wenn man einen Blick auf die demografischen Herausforderungen wirft: «Die demografische Zeitbombe tickt und die Negativzinsummantelung verstärkt die Detonationskraft und deren Auswirkungen für die AHV sowie die Pensionskassen», stellte Mario Wohlwend treffend fest.
Was stinkt mehr?
Ein kleines Pingpong zwischen Thomas Rehak (DpL) und Harry Quaderer (DU) darüber, ob nun das Geld der Treuhänder oder der Casinos mehr stinke, war einer der Tiefpunkte der Debatte. Es musste also sogar der römische Kaiser Vespasian für die Debatte herhalten. «Pecunia non olet» (dt. Geld stinkt nicht), habe dieser seinem Sohn Titus erwidert, nachdem der Sohn die Steuern auf die Latrinen kritisiert hatte. Ob jetzt für Harry Quaderer eher die Geldspielabgaben stinken, oder das Geld, das allenfalls in der AHV landet, weiss man nicht so genau.
Dass das Geld der Casinos stinkt, dieser Ansicht ist Landtagspräsident Albert Frick definitiv. Er erklärte wiederholt, dass die Liechtensteiner Casinos für Sozialfälle im Ausland sorgen würden. Zwischen den Zeilen war bei seinem Votum zu erkennen, dass er das Geld aus den Geldspielabgaben am liebsten ganz exportieren würde – genauso wie der ganze Wirtschaftszweig selbst. Wie er diese Mindereinnahmen kompensieren will, erklärte er nicht. Und dass die Spieler, die süchtig sind, so oder so irgendwo in den Nachbarländern oder im Internet ihre Möglichkeit finden, ihrem Laster nachzugehen, spielte dabei keine Rolle. Hauptsache, es passiert nicht in Liechtenstein und das Land soll auch bei diesem Thema eine Insel der Glückseligen bleiben. Ein Hohn, nicht nur für alle Angestellten in dieser Branche, sondern auch für die Nachbarländer, welche bewusst auf solche Zweckbindungen setzen, um ihre Sozialwerke zu erhalten.
Grenzgänger-Bashing
Zum Thema Export gab es dann doch zahlreiche Wortmeldungen. Die Gelder aus der AHV würden an ehemalige Arbeitnehmer, die einmal in Liechtenstein arbeiteten, ins Ausland exportiert. Das gehöre unterbunden, meinten beispielsweise die Abgeordneten der Demokraten pro Liechtenstein (DpL). Sie wollen beliebt machen, dass den Grenzgängern irgendwie ihre Rente aus Liechtenstein zugunsten der Rentner im Inland gekürzt wird. Ein konsequenter Ansatz im Sinne der Politiker: Immerhin können die Grenzgänger nicht wählen. Dass sie ebenfalls einen grossen Beitrag zur Wirtschaftskraft des Landes und somit zur Stabilisierung der Sozialwerke leisten, wird in dieser Optik ausgeblendet. Gemäss dem Gleichbehandlungsgrundsatz haben auch die Grenzgänger ihre Rente redlich verdient – auch wenn sie nicht wählen können. Traurig, dass die Arbeitnehmer so gegeneinander ausgespielt werden.
AHV-Sanierungsbedarf
Diese Diskussionen zeigten eindrücklich auf, wie wichtig der Vorstoss der VU-Motionäre war. Auch wenn er von den politischen Gegnern der VU belächelt wurde,
bekräftigte auch Gesellschaftsminster Pedrazzini die Vermutungen: In einer kleinen Vorschau gab er zu, dass das versicherungstechnische Gutachten zur AHV akuten Handlungsbedarf aufzeigt. «Es werden bereits einzelne Massnahmen durchgerechnet», erklärte der Minister. Voraussichtlich im März sei es soweit, dass diese Massnahmen im Landtag diskutiert werden können.
Das Traurigste an der Debatte war es daher nicht, dass der Vorstoss der VU-Motionäre mit sieben Stimmen abgelehnt wurde – Johannes Kaiser stimmte neben den sechs Motionären der VU dafür –, sondern die Erkenntnis, dass einigen Abgeordneten weder der Ernst der Lage hinsichtlich der der AHV noch die Notwendigkeit der Einnahmen bewusst ist.