Bitte sachlich bleiben!
Der Leserbrief der Freien Liste zum Grundmandatserfordernis auf Gemeindeebene ist sehr einseitig formuliert. Die Freie Liste hatte versucht, den Wegfall des aus guten Gründen bestehenden Prinzips des Grundmandatserfordernisses zu erreichen. Und das alles ohne Grundsatzdiskussion über die Hintertüre über einen Antrag in der 2. Lesung. Die FL behauptet, die Argumente der Grossparteien für das Grundmandatserfordernis würden dürftig klingen.
Historisch und auch aktuell kann man das international beobachten, dass immer wieder Kleinstparteien Unruhe in Parlamenten verursachen. In Liechtenstein war das zum Beispiel 1939 zuletzt der Fall. Das hält die Freie Liste für weit hergeholt. Diese dunklen Kapitel werden von der FL halt immer nur dann bemüht, wenn es ihren Parteizielen dient. Gibt es Beispiele, die nicht den Zielen dienlich sind, sind sie plötzlich «weit hergeholt». Eine selektive Wahrnehmung.
Die FL betont ausserdem, dass Abgeordnete der staatstragenden Parteien zuvor «um ein Haar Liechtenstein in ein Finanzplatz Chaos gestürzt» hätten. Nein, es waren im Umkehrschluss höchstens die Kleinstparteien, welche dem Antrag ebenfalls nicht geschlossen Folge leisteten und somit das Ergebnis mitprovozierten. Die stv. Abgeordnete Helen Konzett hatte nämlich gefordert, einen Antrag zur Anpassung dieser Gesetze von Daniel Seger (FBP) abzulehnen, weil die Eingabefrist in der Geschäftsordnung nicht eingehalten worden sei. Dass sich die FL selber nicht an diesen Formalismus hält, hatte Sie auch mit ihrem Änderungsantrag zur doppelten Staatsbürgerschaft bewiesen. Dieser wurde nämlich formaljuristisch auch nicht gemäss der gültigen Geschäftsordnung eingereicht und trotzdem wurde darüber abgestimmt.
Der Antrag von Daniel Seger zu den Abänderungen der DSGVO zum Bankengesetz hatte ebenfalls schriftlich vorgelegen. Nun wurden zwei weitere im Wortlaut identische Anpassungen zum Treuhänder- und Rechtsanwaltsgesetz beantragt. Aufgrund einer identischen Legistik wären die Änderungen gleichlautend gewesen und hätten für alle drei Gesetzesanpassungen eine legistische Gleichheit bedeutet. Stattdessen führte die Nichtberücksichtigung zur zitierten «Frustabstimmung» zum Bankengesetz. Diese Ablehnung wurde auch von vier Abgeordneten aus den erwähnten Kleinstparteien mitgetragen. Also bleiben wir bitte sachlich – auch wenn es opportun erscheint, für alles den Grossen gerne die ganze Schuld in die Schuhe zu schieben!